S wie Solidarisches Rheinland

S wie Solidarisches Rheinland

 

Um zu verstehen, in welchen politischen Rahmenbedingungen sich die Anfänge der Industrialisierung in Düsseldorf abgespielt haben, stellen wir hier einen Text von Hugo Weidenhaupt ein.

Vielleicht regt er diejenigen zum Nachdenken an, die heute immer noch von einer „Hassliebe“ zwischen den rheinischen Städten Köln und Düsseldorf reden...

 

„Zu weithin ausehenerregenden Vorgängen kam es im Sommer 1843. Der Rheinische Provinziallandtag sollte auf seiner siebten Sitzung in Düsseldorf einer von der Staatsregierung vorgelegten Entwurf zu einem neuen Preußischen Staatsgesetzbuch behandeln. Das im Rheinland geltende 'Rheinische Recht', das durch Napoleon eingeführt war, wurde aber von der Mehrheit der Bevölkerung als weit fortschrittlicher als das Allgemeine Preußische Landrecht empfunden, da es öffentliche und mündliche Verfahren vorsah, keine Bestimmungen über körperliche Züchtigungen enthielt und die Hinzuziehung von Laienrichtern gewährleistete. Gegen diesen Regierungsentwurf verbanden sich daher die Stände des Rheinlandes, und der Provinziallandtag lehnte ihn ohne jede Diskussion einstimmig am 21. Juni 1843 ab.

Dieser Schritt fand ein ungeheures Echo, das fast einer Revolution gleichkam. Dankadressen aus allen Teilen der Provinz gingen ein, und am folgenden Tag kamen am Abend über tausend Kölner Bürger mit zwei Schiffen in Düsseldorf an, um gemeinsam mit den Düsseldorfern einen Fackelzug durch die geschmückte und beflaggte Stadt zu unternehmen. Auf Anregung der Stadt Düsseldorf wurde außerdem dem Landtag am 4. Juli ein großes Festessen in Düsseldorf gegeben. Der Tenor der hierbei ausgebrachten Trinksprüche veranlaßte den Oberpräsidenten, den Regierungspräsidenten von Spiegel und die übrigen Beamten, den Saal unter Protest zu verlassen. Die Berliner Regierung reagierte scharf, verbot jede weitere Feier und versetzte den Kölner Regierungspräsidenten nach Erfurt, da er die Fahrt nach Düsseldorf nicht verhindert hatte.

Als Köln-Düsseldorfer Versöhnungsfest ist dieses Zeugnis rheinischen Selbstbewußtseins in die Landesgeschichte eingegangen.“

 

Hugo Weidenhaupt: Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf,

                                Trilsch Verlag Düsseldorf, 9. Auflage, 1983, Seite 106 ff


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